The Draft Hoba – Ersteindruck: Der Rote Blitz – und andere Helden - Rennrad-News

2022-07-01 20:52:49 By : Ms. Theresa Liu

Mehr Artikel von Jan Gathmann →

The Draft ist eine junge Custom-Rennradschmiede aus Madrid, die einen starken Fokus auf Design und Handwerk legt. Beim Aero-Rennrad „Hoba“ hält die Marke der Felgenbremse und der traditionellen Racebike-Fahreigenschaften die Stange. Das konnten wir bei einem ersten Test in Girona erfahren. Hier unser Eindruck – und weitere aufregende Rennräder und Gravelbikes der Marke in der Fotostory.

The Draft ist eine zwei jahre junge Marke aus Madrid, die sich mit Leib und Seele dem Custom-Rennradbau verschrieben hat. Markengründer und Eigner Andrés Iniesta besitzt einen beruflichen Hintergrund im Design, arbeitete unter anderem für den Fußballclub Real Madrid, aber hat eigentlich eine große Leidenschaft für das Rennradfahren. Acht Jahre lang fuhr er selbst Rennen, stieg dann aus mit dem Vorsatz „Ich fahre nie mehr Rad!“ – als er 15 Jahre später das Rad dennoch wieder anfasste, ließ es ihn nicht mehr los. „Das Fahrrad ist immer in meinem Kopf“, sagt er über sich.

Mit der Gründung von The Draft verwirklichte er einen Traum. Folgerichtig wird jedes Rennrad von The Draft von Design geprägt. Iniesta versteht es als „Projekt“, das er mit dem Kunden gemeinsam umsetzt. Das erklärt auch einen Teil des hohen Preises für ein Rad der Nobelmarke – 3.750 Euro für ein Rahmenset setzen schon eine gewisse Liebe zum Unikat voraus. Die Kunden kommen aus aller Welt: „Ein Kunde aus Asien, ein Sammler, hatte schon 15 Räder von Festka, Speedvagen und anderen, aber unser Ansatz ist es, ihm dennoch etwas Persönliches zu kreieren“, erzählt Iniesta.

Alle Rennräder, die den eigenen Showroom in Madrid – den Bildern nach ebenfalls ein Designobjekt – verlassen, besitzen eine eigene Lackierung. Auch sie entsteht um die Ecke in Madrid. Wie das Rad aussehen soll, bestimmt der künftige Eigner gemeinsam mit dem Hersteller in einem Prozess. Es geht Iniesta um Individualiät und eine persönliche Beziehung zu jedem Kunden: Der Käufer erzählt, der Designer entwirft, bis es passt. Das Logo von The Draft, das drei Radfahrer in der Windstaffel symbolisiert, gehört aber in jedem Fall dazu.

Alle Rennräder und Gravelbikes von The Draft entstehen ausschließlich auf Wunsch. Die Fertigung erfolgt in Handarbeit. In der Regel dauere es dabei 100 Tage vom ersten Kontakt bis zur fertigen Rad, sagt Iniesta. Im Falle des Stahlrahmens für das Gravelbike meistert ein befreundeter Rahmenbauer aus Spanien den Brenner: Andrés Arregui. Wie Iniesta Bei den Carbonrahmen auf Maß sitzen die Meister des Faches für The Draft in Italien. Noch: Bis 2021 sollen alle Rahmen in Madrid gebaut werden.

Die Geometrie des Rades ist ebenfalls individuell. The Draft vertraut auf Fitting-Daten und eingehende Gespräche über die gewünschte Abstimmung. Auch die Frage, ob Felgenbremse oder Scheibenbremse, wird bei diesem Prozess erörtert – die Rennradmodelle bieten beide Optionen, das Gravelbike kommt immer mit Disc. Die meisten Käufer kämen ohnehin im Laufe des Prozesses einmal persönlich in Madrid vorbei, sagt Andrés Iniesta, beim Gespräch mit Rennrad-News während einer Präsentation der Modelle im katalanischen Girona.

Die Roadbikes von The Draft tragen den Namen von Meteoriten, was sich in einem Emblem auf dem Oberrohr widerspiegelt (es ist übrigens lackiert, Draft arbeitet ohne Decals). Der Name des größten Meteoriten, der je auf der Erde niederging, ist dem Aero-Modell Hoba vorbehalten, das auf einem Carbon-Maßrahmen basiert. Die Eckdaten des Rahmens beziffert The Draft so: 1000 g Gewicht (mittlere Größe), Tretlagersteifigkeit 110 n/mm. Weil jeder Rahmen individuell gebaut wird, kann der Tretlagerstandard frei gewählt werden. Die Möglichkeite, elektronische Schaltungen einzubauen, darf als selbtsverständlich gelten.

Unser The Draft Hoba Testrad, das wir über rund 100 km um Girona fuhren, war mit einer Ausstattung aus der obersten Schublade komplettiert. Das SRAM Red eTap AXS Ensemble war mutig als 1×12-Ensemble ausgelegt – die beliebte Rennradregion hat Einiges an steileren Anstiegen zu bieten. Für die passenden Aero-Komponenten zum Aero-Rahmen griff The Draft auf Ursus Hochprofil-Laufräder und das Aero Cockpit der italienischen Marke zurück, das passend zum Rahmen lackiert war. Der Rahmen kann laut Iniesta Reifen bis 28 mm Breite aufnehmen.

=> Hier lest ihr Alles über die SRAM Red eTap AXS auf Rennrad-News

Da bei jedem The Draft Hoba eine Custom-Geometrie angefertigt wird, gibt es an dieser Stelle diesmal nur eine grobe Einschätzung des Testrades. Das ist mit „klassisch italienische sportliche Auslegung“ schon gut umrissen. Auf dem Rahmengrößen mäßig etwa passenden Testrad sitzt der 1,8 m große Tester schon mit ziemlich geradem Rücken. Vorder- und Hinterachse stehen eher dicht beisammen, der Radstand ist kompakt.

Ich habe das The Draft Hoba auf Testfahrten rund um Girona circa 100 Kilometer standesgemäß bewegt, dabei zumindest versucht das Speed-Potential des Rades auszuloten soweit das einem leistungsmäßig typischen Durchschnitts-Rennradfahrer, wie ich es bin, möglich ist. Immer wieder erstaunlich ist, wie sich schon nach wenigen hundert Metern der Charakter eines Rades im Vergleich zu anderen heraus schält. Der bestechendste Eindruck des Hoba: leichtfüßig, agil, wendig, geradezu spielerisch im Handling.

=> Hier findet ihr eine Testfahrt auf Strava

Schnell und dynamisch fühlen sich viele Aero-Rennräder an. Schon allein, weil die Hochprofil-Laufräder diese bollernde Rückmeldung auf jeden Pedaltritt geben, die gierig nach Tempo macht. Aber auch, weil der Rücken so guten Gegenhalt für jeden Tritt bietet. Weil der Kopf eh schon so nah am Boden ist, dass sich das „Ashpaltfressergefühl“ einstellt. In dieser Hinsicht verhält es sich mit dem Hoba, wie mit anderen Aero-Rennrädern.

=> Hier findet ihr einen Test des Rondo HVRT Aero-Allrounders auf Rennrad-News

Aber das The Draft Hoba wirkt im erinnerten Vergleich doch deutlich quirliger. Man kann es schnell im Unterlenker geradeaus treiben, aber es reizt doch auch sehr, sich damit in die Kurve zu legen. Je mehr Bewegung, desto mehr Spaß hat man mit dem Hoba. In schnellen Kurven wirkte die ganze Lenkung sehr präzise, die Kombi aus verwindungssteifem Lenkkopf, seitensteifem Hochprofil-Vorderrad und dem sehr fest erscheinenden Aero-Cockpit wird das ebenso zuzuschreiben sein wie der Lenkgeometrie. Leider konnte ich die Grenzen des Vergnügens wegen ständig regennasser Straßen nicht ausloten. Aber es spricht für sich, dass ich die schon die oben verlinkte erste Testrunde trotz Gewitters gerne ausgedehnt hätte. Auf einer langen hügeligen Abfahrt Richtung Girona mit einigen langgezogenen Kurven und manchen engeren war das Hoba vollkommen in seinem Element.

Ein kleiner Spaßbegrenzer bei Regen sind die Felgenbremsen in Kombination mit den Carbonfelgen, die in der Paarung am Hoba vorausschauendes Anbremsen verlangten. Weniger sensibel auf die passende Paarung zwischen Bremsfläche reagieren da Disc-Bremsen.

Und 1×12? Die Kombi funktionierte auf den Teststrecken rund um Girona überraschend gut. Vor allem der eng in den „dicken“ Gängen eng gestuften SRAM Kassette mit 10-33 Zähnen ist zu verdanken, dass Tempobolzen bei optimaler Frequenz gut möglich ist, auch an Roller-Hügeln passt das Paket, ebenso an steilen kurzen Rampen (17 % zum Testzentrum). Aber wenn es lange in unterschiedlichen Steigungsprozenten bergauf ging, wünschte ich mir doch ein kleineres Kettenblatt, was angesichts leere Umwerfer-Aufnahme am Custom-Hoba kein Problem sein sollte.

Was bleibt? Das Gefühl, dass es schon ein bisschen schneller macht, ein Rad zu fahren, das schnell und (für meinen Geschmack) schön aussieht. Wie muss es erst sein, wenn es sozusagen die Verlängerung der eigenen Rennradpersönlichkeit verkörpert? Und: Die Bestärkung in der Ansicht, dass die Geometrie (neben dem Gewicht) immer noch stärker den Charakter eines Rades prägt als die Summe seiner Komponenten.

Bei einem derart Design zentrierten Ansatz, wäre es fast sträflich andere Modelle nicht abzulichten, wenn man die Gelgenheit hat. Wir hatten sie. Beispiel 1: El Chako. Eine echten Endurance-Renner aus dem „Hoba“ zu machen, wäre auch mit einer Custom-Geometrie ein verfehlter Ansatz. Für Marathonfahrer, die etwas aufrechter sitzen möchten, und Kletterer hat The Draft das El Chako im Programm. Es wiegt laut The Draft etwas weniger als das Hoba, ist im Tretlager noch etwas verwindungssteifer (125 N/mm) und kann ansonsten gleich flexibel konfiguriert werden. Auch eine Scheibenbrems-Option gibt es. Reifenfreiheit auch hier: 28 mm. Apropos Reifenfreiheit: Andrés Iniesta verriet, dass außerdem gerade ein neuer Rahmen aus einem Stahl-Carbon-Mix mit 35 mm Reifenfreiheit in Planung sei. Hier erstmal das El Chako.

„Comete Eater“ ist das Gravelbike von The Draft und derzeit noch das einzige Rennrad auf Stahlrahmenbasis. Für die Maßfertigung der Rahmen zeichnet der Rahmenbauer André Arregui aus Madrid verantwortlich. ALs Rohre kommen Columbus Life und Columbus Zona zum Einsatz. Der Stahlrahmen bietet eine Reifenfreiheit bis 2,1-Zoll in 650b, was in in dieser Hinsicht in die Riege der Adventure Gravelbikes vom Schlage stellt. An den Showbikes in Girona unterstrichen zudem eine Vielzahl an Ösen dieses Einsatzgebiet. Auch die Carbongabel ist darauf abgestimmt und besitzt neben drei Ösen für Bikepacking-Halter auch eine interne Führung für eine Stromversorgung von einem Nabendynamo zum Scheinwerfer – eine ähnliche Gabel hat übrigens Cairn Cycles vor einiger Zeit vorgestellt. Ein Hingucker ist der „Comete Eater“ in jedem Fall.

Wie gefallen euch die Rennräder von The Draft?

Bemerkung: Die Testfahrten erfolgten auf einer Messe mehrer Hersteller in Girona, Spanien. Die Reisekosten wurden von der Messeorganisation getragen.

Wir laden dich ein, jeden Artikel bei uns im Forum zu kommentieren und diskutieren. Schau dir die bisherige Diskussion an oder kommentiere einfach im folgenden Formular: