Der bargeldlose Supermarkt und Datenschutz

2021-12-13 11:47:17 By : Mr. steve shen

Wie viele Bereiche des täglichen Lebens befindet sich auch der Lebensmitteleinzelhandel in einem ständigen Wandel. Hier wurden in den letzten Jahren mehrere neue Technologien erprobt. Der bargeldlose Supermarkt zeichnet sich jedoch dadurch aus, dass er fast ohne Zutun des Käufers funktioniert.

Die Supermarktkette tegut ... positionierte sich als erste mit eigenständigen Einzelhandelsverkaufsflächen in Deutschland. „Tegut…teo“ eröffnete im November 2020 in Fulda und ist damit der erste bargeldlose Supermarkt. Kunden können darauf zugreifen, indem sie einen QR-Code in der tegut App scannen oder eine EC- oder Kreditkarte einlesen. Im teo Store wird sowohl über die App als auch über Self-Check-Out Kassen bezahlt, jedoch muss jeder Bezahlvorgang bargeldlos ablaufen. Der Kunde erhält dann den QR-Code, mit dem er den Shop verlassen kann.

Auch mit dem Pilotprojekt „Pick & Go“ hat REWE den Schritt in Richtung autonomes Einkaufen gewagt. Kunden, die den autonomen Check-out nutzen, also ohne aktiven Checkout-Prozess an der Kasse einkaufen möchten, melden sich per App oder QR-Code-Scan an einer Schranke am Eingang an. Mit der Akzeptanz der Datenschutzbestimmungen läuft der Kauf dann so ab, dass alle Produkte im Store einfach in jedem mitgebrachten Behältnis verstaut werden können. Kameras und Sensoren registrieren, welche Produkte in den Einkaufswagen und Körben oder Rucksäcken der Kunden in den Regalen landen und bei Bedarf wieder zurückgestellt werden. Die Quittung wird nach Abschluss des Kaufs an das Smartphone gesendet. Die aufgenommenen Bilder der Kunden sind „sparsam“ zu verarbeiten und ausschließlich für den Einkaufsprozess zu verwenden. Eine "reguläre" Zahlung an einer Kasse ist weiterhin möglich.

Dafür nutzt REWE Technologie der Trigo Vision Ltd. für das Projekt „Pick & Go“. zurück. Das Unternehmen von Michael Gabay hat sich auf bargeldloses Einkaufen spezialisiert. Mit der Technologie von Trigo wird ein 3D-Modell des Supermarkts erstellt, in dem die Bewegungen der Kunden digital abgebildet werden, ohne dass die Personen selbst erkennbar sind. Das System folgt nur den Bewegungen des Kunden und des Artikels. Auf diese Weise soll die Privatsphäre so gut wie möglich geschützt werden. Das System verwendet keine Gesichtserkennung, Augen- oder Fingerabdruck-Scans oder andere biometrische Identifikatoren. Die Gesichter der Kunden sind trotz Kameraaufzeichnung nicht zu erkennen, biometrische Daten werden nicht erfasst und nur der Markt kann Kunden zuordnen – so REWE.

Auch die Schwarz-Gruppe, zu der die beiden namhaften Player Kaufland und Lidl gehören, verfolgt Ansätze zu bargeldlosen Supermärkten und entwickelt ein KI-gestütztes Konzept. Das erste Projekt, die „Shop Box“, starteten sie mit Studierenden in Heilbronn bei der Dieter Schwarz Stiftung. Auf dem Bildungscampus der Universität stellen die Studierenden ein Angebot zusammen, das es ihnen ermöglicht, per App in ihren Store einzuchecken. Beim sogenannten „Grab and Go“-Kauf erfolgt die Zahlung beim Verlassen des Shops automatisch über den Zahlungsdienstleister Klarna. Im zweiten Campus-Projekt, der „Collect Box“, wurden zudem Schließfächer getestet, in denen vorbestellte Ware abgeholt werden kann.

Edeka, Deutschlands größter Lebensmittelhändler, testet jetzt an einem Bahnhof einen hochautomatisierten Minimarkt. Diese funktioniert ohne Verkaufspersonal und ist 24 Stunden am Tag geöffnet. Die Waren, die der Kunde über die App oder auf Touchscreens in der Filiale bestellt, werden nach Auftragserteilung durch Greifroboter in zwei Lagereinheiten hinter der Verkaufsfläche zusammengestellt und an einen Abholschalter gebracht.

Während Aldi Süd in London sein Debüt beim bargeldlosen Einkaufen geben konnte, hat Aldi Nord nun auch angekündigt, 2022 ein Pilotprojekt im niederländischen Utrecht zu starten. Kunden nutzen einen QR-Code in der Aldi-App, um sich an- und abzumelden beim Betreten und Verlassen des Ladens. Kameras und Sensoren in den Regalen der Filiale zeichnen alle Einkäufe des Kunden auf. Im Hintergrund arbeitet auch Künstliche Intelligenz (KI), die alle Bewegungen des Kunden registriert und erkennen kann, welche Produkte letztendlich verpackt werden. Einkäufe werden in der Aldi-App ohne Auszahlung am Ende zusammengefasst. Aldi Nord arbeitet auch mit dem israelischen Unternehmen Trigo zusammen.

Dass seine sogenannte „Just walk out“-Technologie auch in noch größeren Stores funktioniert, zeigt der E-Commerce-Konzern Amazon. Im Februar 2020 hat Amazon in Seattle einen Direktverkaufs-Supermarkt mit knapp 1.000 Quadratmetern Fläche eröffnet. Amazon-Manager Dilip Kumar sagte dem Wall Street Journal, es gebe keine Obergrenze mehr für die Amazon-Technologie der bargeldlosen Supermärkte. Unter anderem setzt Amazon bei der „Just walk out“-Technologie auf smarte Einkaufswagen. Kameras und Sensoren sowie Waagen im Warenkorb werden von Wiegeregalen unterstützt, die mittels Deep-Learning-Algorithmen registrieren, welche Waren der Kunde kauft. Bei Fragen stehen Alexa-Terminals in den Amazon Stores zur Verfügung. Unter dem Namen „Amazon Go“ eröffnete Anfang 2017 in Seattle der erste bargeldlose Supermarkt dieser Art für alle Prime-Mitglieder. Auch Amazon hat ein Patent angemeldet, wonach der Kunde nur seine Handfläche scannen muss Hand zu zahlen. Einige der Go-Supermärkte sind bereits mit dieser Technologie ausgestattet. Die Supermarktkette Albert Heijn testet derzeit in Kooperation mit der niederländischen Bank ING Groep ein ganz ähnliches Konzept für Mini-Shops ohne Kasse.

Der Flughafen München bietet als erster europäischer Flughafen mobiles und bargeldloses Bezahlen mit „Smart Checkout – Tap, Pay, Enjoy“. Im „MyCorner“-Store am Terminal 2 ist ein entsprechendes Pilotprojekt der Handelstochter Eurotrade gestartet. Hier bezahlen Kunden direkt am Regal mit ihrem Smartphone. Das digitale Preisschild muss nur vor das Gerät gehalten werden. Mittels NFC (Near Field Communication) oder Scannen mit einer Smartphone-Kamera wird der Kunde zu einer mobilen Webanwendung geleitet, wo der Kauf abgeschlossen werden kann. Ein Download der App ist nicht erforderlich, lediglich die Kreditkartendaten werden zur Zahlung benötigt.

Bevor der Skandal um den Betrugs- und Unterschlagungsvorwurf publik wurde, präsentierte Wirecard große Pläne, das Zahlungsmittel Bargeld obsolet zu machen. Der Chefentwickler präsentierte einen Spiegel, der für Umkleidekabinen gedacht war. Durch Berühren wurde ein Bildschirm, auf dem sich der Kunde informieren und bezahlen kann. Außerdem soll ein Körperscanner integriert werden, der weitere Produktempfehlungen aussprechen soll.

Basis für solche Storekonzepte sind IP-basierte Sicherheitssysteme. Netzwerk-Videokameras mit integrierter Videoanalyse, kombiniert mit weiteren Technologien wie Zutrittskontrolle, Audiolösungen und Personenzählung, ermöglichen ein autonomes Einkaufserlebnis. Die genannten Unternehmen geben alle an, keine Gesichtserkennung zu verwenden. Bei der Nutzung der Gesichtserkennung werden jedoch Angaben wie b. verarbeitete biometrische Daten der betroffenen Person (Art. 4 Nr. 14 DSGVO).

Michael Gabay spricht von "Privacy by Design" und stellt fest, dass die Gesichter, die Trigo durch seine Kameras aufnimmt, unscharf und unscharf sind. Es würden keine biometrischen Daten erfasst. Die Identität des Kunden wäre nur dem Unternehmen, in diesem Fall dem Händler, bekannt. Während bei Amazon Fresh die Informationen bis zu 30 Tage mit dem entsprechenden Amazon-Kundenkonto verknüpft bleiben, kennt Trigo nur eine Zufallszahl, die jedes Mal neu generiert wird. Und schließlich würden die Algorithmen die Bestimmungen der DSGVO berücksichtigen.

Besonders schützenswert sind auch die Erfassung und Datenverarbeitung, z. B. die Umwandlung von Gesichtszügen und Mustern von Personen in Vorlagen oder Hashwerte, die einen individuellen Code bilden. Solche Technologien sind daher als Verarbeitungsverfahren grundsätzlich verboten und nur unter strengen Auflagen erlaubt.

Datenschutzbedenken tauchen sicherlich in dem Moment auf, in dem Verhaltensanalysen von Kunden durch KI und das Tracking von Einkaufsdaten ermöglicht werden. Dies bedarf einer Rechtsgrundlage oder der Einwilligung des Kunden gem. 7 DSGVO. Der Versuch, die Kundenzufriedenheit zu steigern, kann als berechtigtes Interesse gem. 6 Abs. 1 1 S. 1 lit.

Roxane Franken | 9. Dezember 2021 | Einzelhandel, Kundendatenschutz | „Grab and Go“-Shopping, Autonomes Einkaufen, Einkaufsdaten, Einzelhandel, KI, Kundendaten, Kundendatenschutz, Tracking, Videoanalyse, Videoaufzeichnung | 1 Kommentar

PC-Fluesterer.info Christoph Schmees 9. Dezember 2021 @ 12:47

Absolutes No-Go! Es gibt mehrere gute Gründe, warum ich bar bezahle, ich nutze keine Kundenkarten oder Apps, schon gar keine Cross-Provider wie PayBack (ugh Deibel). Ich würde nie freiwillig in so einen Laden gehen. Auch heute sind wir für GAFAM nicht nur nackt, sondern transparent – ​​zumindest wenn man sich nicht massiv vor Verfolgung schützt. Ein solcher Shop wäre eine weitere Erhöhung der Transparenz. Für mich eine Horrorvorstellung, denn mit dem intimen Wissen um uns selbst können wir auch (heimlich) manipuliert oder erpresst werden. Siehe fiktiv in "1984" oder real in China. Ich beobachte diese Entwicklung mit Sorge und kann nur raten: Finger weg! Widerstehen Sie den Anfängen!

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