FIDE Schacholympiade, Tag 8 - Die deutschen Damen sind auf dem Vormarsch - Chess.com

2022-08-08 04:48:31 By : Ms. Monica Mao

Die erfreulichste Nachricht des Tages kommt aus dem österreichischen Lager: Chiara Polterauer konnte endlich einen negativen Corona-Test vorlegen und darf wieder spielen! Somit konnten die österreichischen Damen heute zum ersten Mal seit der zweiten Runde wieder zu viert antreten.

Die deutschen Herren konnten gegen Usbekistan genauso wenig ausrichten wie die Österreicher gegen Irland und die Schweiz landete einen Pflichtsieg über Marokko.

Bei den Damen gewann Deutschland knapp aber verdient gegen Vietnam, die Schweiz hoch und hochverdient gegen Norwegen und die Österreicher hatten gegen Kuba eine Menge Pech. Eine riesige Menge....

Kommen wir gleich zum Geschehen:

Liechtenstein, Uruguay und andere Teams

Gegen die junge Mannschaft aus Usbekistan (die ersten drei Bretten könnten noch alle in der U20 WM spielen!) waren die deutschen Herren zwar nominell der Favorit, die Usbeken haben aber bis jetzt ein klasse Turnier gespielt und lagen vor dieser Runde auf Platz 2 in der Tabelle!

Liviu-Dieter Nisipeanu spielte eine absolut perfekte Partie - sein Gegner aber leider auch und so ging es mit einem Spielstand von 0.5-0.5 an den anderen drei Brettern weiter.

Rasmus Svane hatte seinen Gegner eigentlich fast die gesamte Partie über in den Seilen, konnte aber den entscheidenden Schlag nicht finden und musste sich ebenfalls mit einem Remis zufriedengeben und kurz darauf gelang Vincent Keymer das Wunder, gegen den amtierenden Weltmeister im Schnellschach, Nodirbek Abdusattorov, eine total verlorene Stellung in ein Remis zu retten.

"The Big Greek" Georgios Souleidis hat diese Partie für uns analysiert:

Das war ganz großes Kino von Vincent und jetzt hing alles an Matthias Blübaum, der gegen Nodirbek Yakubboev ebenfalls ums Überleben kämpfte.

Unglücklicherweise geriet Matthias dann aber vom Regen immer mehr in die Traufe und musste nach 49 Zügen aufgeben und Deutschland hat gegen die starken Usbeken denkbar knapp mit 1.5 - 2.5 verloren.

Kapitän Felix Hindermann hatte sich entschieden, dieselben vier Spieler aufzustellen, die gestern den glorreichen Mannschaftskampf gegen Andorra bestritten haben.

Aber was ist nur mit Sebastian Bogner los? Im sogenannten Ponomariov Gambit in der Taimanov Variante der sizilianischen Verteidigung entschied sich Sebastian gegen die Theorie, in der man seine Dame für drei Leichtfiguren opfert, und stattdessen für eine Variante, die Schwarz in der bisherigen Schachgeschichte bereits 8 Mal versucht und 7 Mal verloren hat. Seit heute sind es 8 Niederlagen für Schwarz.

Während Sebastian Bogner noch einen hoffnungslosen Kampf führte, brachte Yannick Pelletier die Schweizer mit 1:0 in Führung.

Nur wenige Minuten später stellte Nico Georgiadis auf 2:0 für die Schweiz und unmittelbar danach gab Sebastian Bogner seinen hoffnungslosen Kampf auf.

Fabian Bänziger spielte die längste Partie in diesem Match und war eigentlich die ganze Zeit am Drücken, aber als er gesehen hatte, dass eine Niederlage zu einer Vollkatastrophe führen würde, ging er auf Nummer Sicher und wickelte seine vorteilhafte Stellung gekonnt in ein Remis ab und sicherte den Schweizern damit den Sieg.

Nominell waren die Iren gegen Österreich zwar der klare Außenseiter, aber das waren sie ja auch schon in der vierten Runde gegen Deutschland und haben nur äußerst knapp und mit viel Pech 1.5 zu 2.5 verloren.

Markus Ragger wollte nach der gestrigen Niederlage durchaus auf einen vollen Punkt spielen, aber wenn ein Spieler mit Weiß erstens nur ein Remis will, zweitens keinen Fehler macht und drittens konsequent jede Figur tauscht, die er tauschen kann, kommt man mit Schwarz auf diesem Niveau halt einfach nicht über ein Remis hinaus. Die Schlussstellung war "ziemlich" ausgeglichen:

Weniger gut lief es in der zweiten Schwarzpartie für Österreich. Im Bericht der vierten Runde hat uns IM Adrian Petrisor ja erklärt, dass Weiß in der Nimo-Indisch-Variante mit dem Zug 4.f3 eine hervorragende Quote hat, weil diese Variante den meisten Schwarz-Spielern ziemlich fremd ist. Auch David Shengalia fand sich in dieser Variante überhaupt nicht zurecht und wurde von seinem Gegner regelrecht überrollt und Irland führte mit 1.5 - 0.5.

Fassen wir das Ende kurz zusammen. Dominik Horvath opferte im 22. Zug ohne jegliche Not eine Qualität für... nichts... und die zweite Niederlage in Folge war perfekt und das abschließende Remis von Valentin Dragnev war ohne Bedeutung.

Liechtenstein ging gegen Trinidad & Tobago an allen 4 Brettern als Außenseiter in die Partien und wurde dieser Rolle leider auch an allen 4 Brettern gerecht

Georg Meier führte seine Uruguayer gegen Panama an Brett 1 zu einem 3:1 Sieg und steuerte dazu einen halben Punkt bei.

In den Duellen um die Tabellenführung konnte Armenien seinen Vorsprung auf Usbekistan durch einen 2.5-1.5 Sieg gegen Indien halten und die USA gingen gegen die zweite Mannschaft von Indien mit 3:1 unter. Beeindruckend dabei war besonders, dass Fabiano Caruana am Spitzenbrett schon seine dritte Partie in diesem Turnier verlor (bei 3 Remis und nur einem Sieg) und D. Gukesh an eben diesem Spitzenbrett seine ACHTE Partie in Folge gewann!

Und damit haben wir nach 8 von 11 Runden folgenden Tabellenstand erreicht:

*Die Brettpunkte sind erst nach der Buchholz-Wertung maßgeblich für die Platzierung

Tabellenführer Indien spielte gegen die Ukraine 2:2 Unentschieden und mit demselben Ergebnis trennten sich Rumänien und Aserbaidschan. Die großen Sieger des Tages waren die Spielerinnen aus Polen und Georgien, die ihre Mannschaftskämpfe gewinnen konnten und in der Tabelle einen großen Satz nach vorne machten.

*Die Brettpunkte sind erst nach der Buchholz-Wertung maßgeblich für die Platzierung

Den gestrigen Bericht über das Match der Schweizer Damen begannen wir mit dem Satz: "Selbst eingefleischte Fans vom Damenschach dürften die Namen der Spielerinnen der dritten Mannschaft aus Indien noch nie gehört haben." Das traf heute voll und ganz auf die Gegnerinnen der deutschen Damen zu.

Eines wussten wir aber schon: Die Vietnamesinnen hatten sich ihre bisherigen 10 Mannschaftspunkte an den Schachbrettern erspielt und nicht im Lotto gewonnen!

Das Duell begann mit zwei Remis an den Spitzenbrettern, wobei das Remis von Elisabeth so gut wie fehlerfrei gespielt und nie in Gefahr war, während Josefine doch ziemlich in Bedrängnis geraten war und am Ende um das Remis kämpfen musste.

Der nächste halbe Punkt wurde dann von Dinara Wagner beigesteuert, die zwar alles versuchte, aber gegen die sich geschickt verteidigende Vietnamesin einfach keinen Gewinn finden konnte.

Aber schließlich haben wir ja noch unsere Jana Schneider an Brett 4, der es immer wieder gelingt, aus dem Nichts einen Angriff zu zaubern und die bereits ihre siebte Partie bei dieser Olympiade gewinnen konnte! Zum Star der Partie wurde aber ihr Springer!

Als Vishy Anand Weltmeister wurde, hat er in Indien einen wahren Schachboom ausgelöst, der sich jetzt, 15 Jahre später, auszahlt: Indien hat sehr gute Chancen, sowohl das Open als auch das Damenturnier zu gewinnen. Sein Nachfolger Magnus Carlsen hat in Norwegen ebenfalls einen Schachboom ausgelöst, aber zumindest im Damenschach sind die Auswirkungen davon noch nicht zu spüren und die Norwegerinnen gingen gegen die Schweiz als klare Außenseiter ins Rennen.

Es war dann Ghazal Hakimifard, die die Schweizerinnen mit 1:0 in Führung brachte, indem sie einen wahren Monsterangriff am Königsflügel startete, den die Norwegerin nicht parieren konnte.

Lena Georgescu legte mit einem nie gefährdeten Remis in einer sehr positionell geführten Partie nach und Laura Stoeri sicherte ihrer Mannschaft einen weiteren halben Punkt. Da Camille De Seroux zu diesem Zeitpunkt bereits mit einer Mehrfigur spielte, war dieser halbe Punkt zwar sicherlich genug, aber Laura wird sich sicher ärgern, dass sie den zweiten Tag in Folge eine +5 Stellung nicht gewinnen konnte.

Camille De Seroux reichte die Mehrfigur dann zum Sieg und die Schweiz hatte Norwegen mit 3:1 besiegt.

Die bislang so furios kämpfenden Denise Trippold, Nikola Mayrhuber und Elisabeth Hapala gingen gegen die Erbinnen von Jose Raul Capablanca zwar wieder einmal als klare Außenseiter in das Match, aber endlich einmal nicht mit einem 0-1 Rückstand.

Die frisch von Corona genesene Chiara Polterauer konnte mit Schwarz lange mithalten, aber diejenigen, die schon eine Corona-Infektion überstanden haben, wissen, wie schwer es ist, unmittelbar danach körperliche und besonders geistige Höchstleistungen zu vollbringen. Ciara machte hier keine Ausnahme und geriet nach und nach unter Druck, dem sie irgendwann nicht mehr standhalten konnte.

In der zweiten Schwarzpartie geriet Nikola Mayrhuber von Anfang an in die Defensive. Sie konnte sich zwar lange erfolgreich verteidigen, aber genau in dem Moment, als sie von einer passiven in eine aktive Verteidigung übergehen hätte müssen, verpasste Nikola diese Möglichkeit und ihre passive Verteidigung brach nach und nach völlig zusammen.

Da sich die Österreicherinnen aber in beiden Weißpartien glänzende Stellungen erspielt hatten, sah es lange Zeit nach einer kleinen Sensation und einem weiteren Punktgewinn für Österreich aus. Leider fand aber dann Elisabeth Hapala im 41. Zug nicht das Damenopfer, mit dem sie die Partie praktisch auf der Stelle gewonnen hätte und entschied sich stattdessen für zwei Züge, die ihre Stellung von +6 zuerst auf -2 und dann auf -9 brachten.

Denise Trippold hatte ihre um fast 100 Elo Punkte stärkere Gegnerin völlig an die Wand gespielt und machte in der gesamten Partie eigentlich nur einen Fehler: Da ihre Gegnerin immer wieder eine Verteidigung fand, war es Denise irgendwann leid nach einem Gewinn zu suchen und wiederholte stattdessen in einer ganz klar vorteilhaften Stellung die Züge.

Mit etwas Glück wäre heute ein Punktgewinn gegen Kuba möglich gewesen, aber die Niederlage ist ganz sicher kein Beinbruch und immerhin können die Österreicherinnen ab jetzt wieder zu viert antreten.

Morgen, am Sonntag dem 7. August um 11.30 Uhr gehts weiter. Dann spielen bei den Herren:

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