Deutsche Autokonzerne ziehen ab: Profitiert China vom Ukraine-Krieg? - FOCUS Online

2022-06-24 21:06:31 By : Mr. cavin xu

Volkswagen, Renault, BMW, Mercedes - viele Autohersteller brechen wegen des Ukraine-Krieges ihre Zelte in Russland ab. Nutzen nun chinesische Konzerne die Lücken aus - trotz politischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten?

Der russische Automarkt ist mit 1,68 Millionen verkauften Fahrzeugen (2021) nicht besonders groß. Seine Bedeutung auch für die deutschen Autohersteller ist viel kleiner als Europa, die USA oder China. Dementsprechend leicht konnten Volkswagen, Mercedes, BMW und Co. nach dem Beginn des Ukraine-Krieges ihre Aktivitäten in Russland einstellen. Natürlich müssen sie jetzt Investitionen im schlimmsten Fall für immer abschreiben, doch existenzbedrohend ist das für sie nicht.

Bereits seit dem Ausbruch des Krieges kommt es durch die Kampfhandlungen in der Ukraine zu nennenswerten Produktionsproblemen in Russland und Lieferunterbrechungen bei lokalen Autoherstellern. Der russische Autosektor leidet massiv unter Produktionsstopps und Sanktionen. Daten von JSC Automotive zeigen im Quartalsvergleich (1. Quartal gegenüber 1. Quartal 2022) den dramatischen Einbruch des russischen Automarktes:

Nach Ansicht der Analysten von Global Data wird es in den kommenden Monaten durch den anhaltenden Konflikt zu weiteren Lieferengpässen und damit zu Verzögerungen bei der Automobilproduktion und den Auslieferungen kommen. Ein Rückgang der Verkäufe vor allem in Russland, aber auch auf anderen Märkten, würde zu erheblichen Umsatzeinbußen in der weltweiten, insbesondere aber europäischen Automobilbranche führen. Bei einem angenommenen durchschnittlichen globalen Autopreis von 30.000 Dollar belaufen sich die Verluste durch die deutlich geringeren Verkaufszahlen allein in diesem Jahr auf rund 100 Milliarden Dollar.

Für den russischen Markt zeichnet sich derweil eine Mangel-Situation wie in der ehemaligen Sowjetunion ab: Die Zahl der produzierten Fahrzeuge dürfte den Bedarf in diesem und wohl auch den folgenden Jahren nicht annähernd decken. Selbst Marktführer und Traditionshersteller Lada (Avtovaz) fährt einer ungewissen Zukunft entgegen, nachdem der Partner Renault die Reißleine ziehen musste. Modelle wie der Lada Largus sind baugleich mit alten Dacia-Modellen, in neueren Lada-Modellen wie dem Vesta steckt ebenfalls Reault-Technik.

Ein Bruch mit etablierten Zulieferern dürfte kaum durch russische Unternehmen ausgeglichen werden, auch wenn man das sicher versucht: „Künftig will der Lada-Bauer nach Möglichkeit stärker auf russische Produkte setzen. Awtowas hängt bisher sehr von Teilen und Technologie des Mutterkonzerns Renault und des Allianzpartners Nissan ab“, berichtet die „Tagesschau“. Im selben Umfang, wie der Einstieg von Renault die Qualität der Lada-Fahrzeuge in den vergangenen Jahren verbesserte, könnte ein Ausstieg sie nun wieder verschlechtern.

Eröffnet sich nun also eine Chance für Länder, die bei den Sanktionen gegen Russland nicht mitmachen - etwa China? China hält sich in dem Konflikt bisher zurück. So könnte sich für chinesische Erstausrüster als Zulieferer die Gelegenheit ergeben, ihre Marktanteile mittelfristig deutlich zu vergrößern. Sie sind in einer guten Position, um die sich zunehmend zurückziehenden westlichen Marken zu ersetzen, denn viele dürften auf absehbare Zeit ebenso nicht wiederkommen wie die Autohersteller selbst.

Automarkt-Experte Jochen Siebert von JSC Automotive aus Shanghai ist jedoch eher skeptisch, was neue russisch-chinesische Kooperationen angeht. „Die Absatzzahlen für März 2022 besagen, dass die chinesischen Hersteller genauso vom Rückgang betroffen waren wie die anderen. Das Werk von Great Wall in Tula steht still ebenso wie das Werk von Geely in Belarus“, so Siebert zu FOCUS Online. Tatsächlich sind die Verkaufszahlen von China-Herstellern wie Geely, Haval oder Chery nach einem vielversprechenden ersten Quartalsstart 2022 im März wieder eingebrochen. Ohnehin waren sie bislang eher niedrig fünfstellig und damit keine große Konkurrenz für Lada, VW, Skoda, Hyundai oder Toyota.

„Geely hat außerdem bekannt gegeben, dass der Rückzug aus Russland erwogen wird aus Angst vor einem Imageschaden in westlichen Ländern und auch aus Angst vor sekundären Sanktionen. Gerade Geely wird vorrangig von westlichen Zulieferern beliefert. Zudem spielt das Währungsrisiko bestimmt eine Rolle“, so Analyst Jochen Siebert weiter.

Russlands Autoindustrie steht also vor einem Scherbenhaufen. Nur wenige internationale Autobauer haben sich dafür entscheiden, in Russland aktiv zu bleiben. Diese könnten ebenso wie die chinesischen Zulieferer von verbesserten Verkaufsanteilen profitieren; wenn auch auf einem nennenswert verkleinerten Markt.

Die am stärksten exponierten Hersteller in Russland waren vor Kriegsbeginn Renault-Nissan (580.000 produzierte Fahrzeuge in 2021), Hyundai-Kia (397.000 Fahrzeuge) und der Volkswagen Konzern mit 173.000 Autos. „Es ist interessant zu sehen, wie die Automobilhersteller mit Engpässen in der Lieferkette umgehen und steigende Rohstoffpreise auffangen, insbesondere Palladium, eine Schlüsselkomponente für die Herstellung von Katalysatoren“, so Yennepally Vasanth Reddy, Analyst bei Global Data, „auf Russland entfällt ein Drittel des weltweiten Palladiumangebots, und die jüngste Krise wird den Preis für diesen Rohstoff wahrscheinlich in die Höhe treiben.“

Ein Zustandsbericht über die Fahrzeugproduktionen in Russland.

Toyota ist eine der führenden Marken in Russland und produziert jährlich etwa 98.000 Fahrzeuge. Toyota Motor Russia stellte die Produktion in seinem Werk in St. Petersburg ein und stoppte die Einfuhr von Fahrzeugen aufgrund von Störungen in der Lieferkette.

Ford hat ebenfalls seine Aktivitäten in dem Land eingestellt, das sich ausschließlich auf die Herstellung und den Verkauf von Nutzfahrzeugen über eine Minderheitsbeteiligung an dem Joint Venture Sollers Ford konzentriert.

General Motors hat seine Geschäftstätigkeit und seine Fahrzeugexporte in Russland eingestellt. Aufgrund seiner geringen Präsenz in Russland ist das Unternehmen jedoch nur in begrenztem Maße von der Lieferkette betroffen.

Volkswagen hat die Produktion an seinen Standorten in Kaluga und Nischni Nowgorod eingestellt. Das Unternehmen hat auch die Fahrzeugexporte nach Russland eingestellt. Nach Angaben von Volkswagen verkaufte das Unternehmen im Jahr 2021 rund 199.000 Fahrzeuge auf dem russischen Markt, was einem Marktanteil von 11,9 Prozent entspricht. Davon wurden rund 170.000 Fahrzeuge an den russischen Produktionsstandorten des Unternehmens hergestellt.

Ein weiterer europäischer Automobilhersteller, die Mercedes Group AG, hat ebenfalls beschlossen, den Export von Pkw und Transportern sowie die lokale Produktion in Russland einzustellen. Zum 31. Dezember 2021 hatte Mercedes nach eigenen Angaben über seine Tochtergesellschaften ein Gesamtvermögen von rund zwei Milliarden Euro in Russland.

Die Daimler Truck Holding AG hat alle Geschäftsaktivitäten in Russland eingestellt. Das Unternehmen hat die Lieferung von Lkw-Komponenten an Kamaz, einen russischen Lkw-Hersteller, eingestellt. Das war wohl schon deshalb unabdingbar, weil Kamaz auch viele LKW fürs russische Militär liefert.

Die schwedischen Automobilhersteller Scania und Volvo stellten ebenfalls ihre Geschäftstätigkeit in Russland ein. Scania stoppte die Lieferung von Autos und Ersatzteilen, während Volvo den Verkauf von Neuwagen in dem Land einstellte. Honda, Nissan und Subaru beschlossen ebenfalls, die Ausfuhr von Autos und Motorrädern nach Russland zu stoppen, während Mazda die Lieferung von Teilen einstellte.

Stellantis setzte die Ausfuhr von Autos aus Russland aus und stellte die Verschiffung von Fahrzeugen aus Übersee in das Land ein. Das Unternehmen verfügt über eine Produktionsstätte in Kaluga, die es gemeinsam mit Mitsubishi betreibt. Auch Jaguar Land Rover stoppte die Auslieferung seiner Fahrzeuge nach Russland. Die italienischen Unternehmen Ferrari und Lamborghini haben beschlossen, keine Luxussportwagen für den Verkauf in Russland herzustellen.

Renault ist aktuell der einzige Autokonzern, der sich angesichts der hohen Kosten nicht ganz aus Russland zurückgezogen hat und eine Enteignung von Avtovaz vermeiden möchte. Das Engagement von Renault in Russland ist nach wie vor das größte unter den europäischen Automobilherstellern. Renault besitzt nach eigenen Angaben einen Anteil von 68 Prozent an Avtovaz, dem größten Automobilhersteller des Landes.

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und eingestellt. Das bietet die Möglichkeit der Abhängigkeiten zu überprüfen. Es wird eine Zeit nach dem Krieg geben. Amerika u Westeuropa hoffen sicher, daß sei einen ihnen freundlichen Putinnachfolger installieren können. Das glaube ich ehr nicht. Es wird so kommen, das nicht nur Russland, ganz genau darauf achten werden nicht zu abhängig vom selbstgefälligen Westen zu sein bzw. wieder zu werden.

auf die Autokonzerne haben. Mit ihrer Lobby und Nähe zur Politik wird es Ihnen, wie seit Schröder und Merkel oft erfolgreich praktiziert, gelingen, Steuermilliarden in irgendeiner Form für sich abzuzweigen. Die Aktionäre und millionenschweren (Ex-)Manager müssen ja schließlich ihre bescheidenen Zuwendungen erhalten. Und wenn die Manager in ihrer Funktion versagen und schlechte Zahlen vorlegen, dann gibt es freundliche Regierungen, die das Versagen von Managern mit Steuergeldern kompensieren. So kann jeder Unternehmer sein und immer reicher werden. Leider gilt das nur für politiknahe Unternehmen. Schade

Donnerstag, 21.04.2022 | 22:49 | Horst Kessel  | 1 Antwort

Dann werden die Firmen profitieren die zumindest mit einem Minimum die Stellung gehalten haben. Als rohstoffreichstes Land der Erde ist genug da um kräftig Kasse zu machen vorallem auch mit seltenen Rohstoffen wie eben Palladium und Verbrenner werden weltweit noch lange nicht aussterben denn den Luxus E- Mobilität wie Deutschland werden und wollen sich viele Länder nicht leisten können und wollen. Allein Indien und China haben fast 3x soviel Einwohner wie USA und EU zusammen, da ist noch viel Luft nach oben in Sachen Rohstoffimporte aus dem Riesenreich ohne moralische Bedenken.

Indiens wird nicht die schiere Masse der Bevölkerung sein, sondern die miese finanzielle Ausstattung derselben. Autos kaufen die mit Sicherheit nicht in der Menge, die Sie glauben zu sehen. Ich war viermal in Indien - das ist eine riesengroße Kloake, wenn es um die Hauptstädte geht. Wer reich ist, dem geht es gut. Aber der Großteil des Volks lebt in Armut. Und zwar in tiefer.

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